Aktualisiert am 1. Februar 2023 von Selda Bekar

Wenn Sie unter dieser Angst leiden, sind Sie damit nicht allein. Betroffen sind auch längst nicht nur Menschen, die bereits einen Infarkt erlitten haben. Auch die Medizin kennt dieses Phänomen und bietet therapeutische Ansätze.
Das ist es, was Ihnen zu schaffen macht
Der Arzt spricht von der Herzangstneurose oder auch Kardiophobie. Aber auch als Da-Costa-Syndrom ist dieses Problem bekannt. NahEzu 5% der Menschen sollen davon betroffen sein. Die meisten von ihnen sind jung und männlich. Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch ältere Menschen und Frauen allgemein davon betroffen sein können. Wenn Sie auch zu denen gehören, die Angst vor einem Infarkt haben und das auch sehr gut begründen können, befinden Sie sich in bester Gesellschaft. Auch der Dichter Berthold Brecht litt unter den z.T. starken Symptomen. Aber was genau verbirgt sich eigentlich dahinter?
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Sie sind tatsächlich gefährdet?
Wenn Sie tatsächlich gefährdet sind, einen Infarkt zu erleiden, sprechen Sie vor dem Flug mit Ihrem Arzt. Überlegen Sie, ob Sie wirklich fliegen müssen, denn in der Luft kann Ihnen kaum jemand helfen, die Maschine muss zunächst landen und dabei geht wertvolle Zeit verloren.
Das sollten Sie zuerst wissen!
Sie sind kein Hypochonder und wahrscheinlich auch kein besonders ängstlicher Mensch, wenn Sie unter der Herzangstneurose leiden. Aber Sie sind dennoch nicht gesund, denn wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine Neurose. Eine Neurose ist eine Angststörung. Das muss Sie nicht erschrecken. Wichtig ist, dass Sie genau darüber Bescheid wissen, denn so können Sie erheblich zu Ihrer Genesung beitragen. Was aber noch viel wichtiger ist, es wird Ihnen besser gehen, weil Sie dann verstehen, was mit Ihnen passiert. Sie werden sich im akuten Fall selbst helfen können. Das gibt Ihnen mehr Sicherheit und mehr Lebensqualität und die Freiheit, zu fliegen wohin Sie wollen.
Diese Erfahrung werden Sie kennen – so fing es an
Vielleicht sind Sie mitten in der Nacht aufgewacht, vielleicht waren Sie mit dem Auto unterwegs, beim Sport oder Sie haben ganz gemütlich mit einer Tasse Kaffee am Tisch gesessen. Sie spüren plötzlich, dass etwas nicht stimmt. Vermutlich haben Sie folgende Symptome an sich beobachtet:
- Herzrasen
- Schwitzen
- Panik
- Stiche in der Herzgegend
- Engegefühl
Möglich sind aber auch spürbares Herzstolpern, Atemnot und Schwindel bis zur Ohnmacht. Das fühlen nicht nur Sie, auch Ihr Umfeld nimmt die Symptome wahr und vermutet einen Herzinfarkt. Die Anzeichen lassen dann aber langsam wieder nach. Dieses Nachlassen kann Stunden dauern.
Sie machen keinen Fehler!
Schon der erste Anfall dieser Art wird Sie erschreckt und verunsichert haben. Natürlich suchen Sie einen Arzt auf, möglicherweise hat man Sie auch ins Krankenhaus gebracht, wo Sie in der Notaufnahme versorgt werden. Sie fühlen sich immer noch grauenvoll, merken aber schnell am Verhalten der Ärzte und Pflegekräfte, dass es so schlimm um Sie nicht stehen kann. Die Untersuchungen zeigen:
- Unauffälliges EKG
- Blutdruck kann erhöht sein
- Puls ist erhöht
- Blutwerte sind unauffällig
Zusätzlich kann Sie irritieren, dass die Symptome in Anfällen weiter verlaufen können, ohne dass das EKG Auffälligkeiten zeigt. Dennoch fühlen Sie sich schwer krank, möglicherweise empfinden Sie Todesangst. Das ist eine furchtbare Erfahrung, die Sie natürlich auch in der Zukunft beeinträchtigt. Da die Ärzte nichts finden, werden Sie nach Hause entlassen. Jetzt sind Sie ratlos. Man wird Ihnen anhand Ihrer starken Symptome kaum gesagt haben, dass Sie gesund sind. Sie stehen also da mit Ihren Fragen und mit Ihrer Angst. Wenn nun noch ein Flug bevorsteht, beunruhigt Sie das zusätzlich.
Das Phänomen wiederholt sich – was ist los?
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Symptome in naher Zukunft wieder einstellen, ist hoch. Sie können diese Wahrscheinlichkeit erheblich reduzieren, wenn Sie ein paar Fragen klären. Es ist recht wahrscheinlich, dass dazu noch ein oder zwei Arztbesuche nötig sind. Zunächst: Wenn sich die Symptome wiederholen, lassen Sie sich ins Krankenhaus bringen. Schildern Sie die Symptome. Versuchen Sie, ruhig zu bleiben und machen Sie deutlich, dass Sie sich die Anzeichen nicht erklären können.
Das passiert im Krankenhaus
Spätestens bei Ihrer zweiten Anlieferung wird man Sie auf den Kopf stellen. Anhand des Blutbildes und des EKGs können die Ärzte innerhalb kurzer Zeit feststellen, ob Sie einen Infarkt erlitten haben oder nicht. Geben die Ärzte Entwarnung, wird man Sie aber im Haus behalten. Sie bekommen ein Langzeit-EKG und Herzultraschall, werden einem Belastungstest unterzogen und auch weiter untersucht. Wenn Sie unter Allergien leiden, kann sich auch hier ein Grund für Ihre Symptome verbergen. All das wird man versuchen zu klären.
Sie sind gesund – das kann doch nicht sein?
Wenn sich herausstellt, dass Ihr Herz gesund ist, es keine Probleme mit der Reizüberleitung gibt und auch sonst keine Anzeichen zu finden sind, wird man Sie abermals entlassen, ohne dass Sie eine Antwort haben. Man wird Sie aber fragen, ob Sie z.Z. unter starkem Stress stehen und Sie darauf hinweisen, dass Stress Ihre Symptome ebenfalls auslösen kann. Das stimmt. Aber das hilft Ihnen weniger als die Erkenntnis, dass Sie unter einer Herzangstneurose leiden könnten. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob er das für möglich hält. Es gibt Patienten, die jahrelang leiden, bis sie endlich diese Antwort bekommen.
Was löst eine Herzangstneurose aus?
Eine Herzangstneurose entsteht oft durch starke Belastungen, wie Todesfälle, Trennungen, Jobverlust oder finanzielle Schwierigkeiten. Möglicher Auslöser ist aber auch, dass jemand aus Ihrem Umfeld einen Infarkt erlitten hat. Vielleicht waren Sie sogar Zeuge und das hat Sie zutiefst erschreckt. Experten sehen die Herzangstneurose auch als Zeichen der inneren Abwehr von anderen Problemen. Das bedeutet nicht, dass die Fachleute Ihre gesundheitliche Verfassung auf die leichte Schulter nehmen.
Nun sind Sie gefragt
Wenn Sie die Diagnose Herzangstneurose bekommen haben, ist Ihr Herz gesund. Ihr Kreislauf ist stabil, möglicherweise sind Sie sogar so gesund wie der sprichwörtliche Fisch im Wasser. Ihr Vorteil ist, dass Sie die nächsten Anfälle unterbrechen können. Bei einem Infarkt ist das nicht möglich. Befassen Sie sich unbedingt mit Atemtechniken und Entspannungsübungen. Ihr wichtigstes Hilfsmittel beim nächsten Anfall ist aber die Atmung. Sie werden sehr wahrscheinlich anfangen zu hyperventilieren. Das müssen Sie verhindern, denn sonst verstärken sich Ihre Symptome. Befassen Sie sich mit der Lippenbremse und dem Kutschersitz. Halten Sie notfalls die Luft an und zwingen Sie sich, langsam auszuatmen. Wenn Sie unter einer schweren akuten Stressbelastung stehen, überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt, ob Sie es mit Beruhigungsmitteln versuchen wollen.
Abgrenzung: So können Sie unterscheiden, ob Sie in Gefahr sind
Die Symptome des Infarktes können so stark sein, dass Sie in diesem Moment nicht glauben können, dass Sie körperlich gesund sind. Versuchen Sie, die Nerven zu behalten. Setzen Sie sich aufrecht hin, nehmen Sie die Arme über den Kopf und konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung. Dass Sie dazu in der Lage sind, widerspricht schon der Vermutung, es könne sich um einen Infarkt handeln. Befassen Sie sich nicht zusätzlich mit Schilderungen über einen Infarkt. Das wird Sie nur zusätzlich beunruhigen. Wenn Sie in einem akuten Anfall nicht mehr zurechtkommen, rufen Sie den Rettungsdienst.
Im Flugzeug – die Angst vor dem Infarkt
All die genannten Hintergründe gelten auch für die Herzangstneurose im Flugzeug. Buchen Sie aber keinen Flug, bevor Sie es nicht geschafft haben, einen solchen Anfall in gewohnter Umgebung zu bewältigen. Sie zwingen sonst möglicherweise den Piloten zur Landung, denn er vermutet, dass Sie in Lebensgefahr sind und sofort notärztlich versorgt werden müssen. Ein Laie kann den Unterschied nicht erkennen und ist auch nicht berechtigt, eine Diagnose zu stellen. Sollten Sie bereits wissen, dass es sich um eine Herzangstneurose handelt, teilen Sie das den Flugbegleitern mit. Bitten Sie im Fall eines Anfalls darum, dass jemand Ihre Atmung kontrolliert. Sie werden selbst nicht merken, wenn Sie hyperventilieren, sondern glauben, dass Sie unter akuter Atemnot leiden.
Das können und sollten Sie vorbeugend unternehmen!
Sie können die Prozesse unterbrechen. Wenn Sie es nicht allein schaffen, finden Sie bei einem Psychotherapeuten wertvolle Hilfe. Aber auch Ihr Körper kann Ihnen helfen. Nehmen Sie die Warnsignale ernst und distanzieren Sie sich von Anforderungen, denen Sie nicht gewachsen sind. Sie haben das Recht dazu. Aber niemand hat das Recht, Sie zu überfordern. Wenn Ihr Herz und Ihr Blutdruck gesund sind, beginnen Sie mit Ausdauersport. Lassen Sie Ihren Maximalpuls berechnen und jagen Sie Ihren Kreislauf einmal am Tag hoch. Schwimmen und Laufen sind dazu besonders gut geeignet. Sie trainieren damit Ihren Blutdruck, der bestenfalls weniger auf Stress reagiert. Nehmen Sie Wechselbäder und gehen Sie raus an die frische Luft. Schaffen Sie sich Ruhepausen! So können Sie sich Schritt für Schritt aus der Neurose befreien und damit auch den anstehenden Flug bewältigen.