Aktualisiert am 1. Februar 2023 von Selda Bekar
Das Flugzeug gehört zu den sichersten Verkehrsmitteln überhaupt. Und selbst bei einem Flugzeugabsturz stehen die Überlebenschancen erstaunlich gut. Vorausgesetzt, der Fluggast verhält sich im Notfall richtig.
Ein furchtbarer Aufprall, eine heftige Detonation, ein riesiger Feuerball und über ein großes Areal verstreut überall qualmende Wrackteile, Gepäckstücke, persönliche Gegenstände von Passagieren und abgedeckte Leichen: Solche Horrorbilder brennen sich ins Gedächtnis ein. Und führen nicht selten dazu, dass große Ängste vorm Fliegen entstehen. Dabei kommt es nicht nur äußert selten zu einem Flugzeugabsturz. Sondern die Chancen, eine Bruchlandung zu überleben, sind sehr viel höher als vielleicht vermutet. Ein Flugzeugabsturz muss also keineswegs ein Todesurteil sein.
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Aber natürlich kommt es immer auf den jeweiligen Einzelfall an. Denn jedes Flugzeugunglück verläuft anders und es kommen viele Faktoren zusammen, die eine Rolle spielen. Schlägt das Flugzeug auf Land oder auf Wasser auf? Kommt es zu einer Kollision am Bug, am Heck oder an den Tragflächen? Bleibt das Flugzeug am Stück oder zerbricht es? Bricht durch das Kerosin ein Feuer aus? Wie schnell können die Fluggäste evakuiert werden und wie schnell sind Einsatzkräfte vor Ort? Alle diese Faktoren wirken sich auf die Überlebenschancen aus. Einen seriösen Tipp, der pauschal gilt und allgemeingültig garantiert, dass der Fluggast einen Flugzeugabsturz überlebt, kann deshalb niemand geben. Aber durch die richtigen Verhaltenweisen kann der Fluggast seine Überlebenschancen zumindest erhöhen. Welche das sind, erklären wir im Folgenden.
Bei Flugreisen praktische Kleidung tragen
Unabhängig davon, wohin die Flugreise geht und wann der Flug stattfindet, sollte der Fluggast immer ein praktisches Outfit wählen. Hochhackige Pumps oder lässige Badelatschen können ein schnelles Verlassen des Flugzeugs im Notfall schwierig bis unmöglich machen. Besser ist, wenn der Fluggast feste Schuhe oder Turnschuhe trägt. Eine lange, robuste Hose wie etwa eine Jeans und ein Oberteil mit langen Ärmeln bieten zumindest etwas Schutz vor scharfen und spitzen Gegenständen, Glassplittern und Flammen. Ratsam ist außerdem, auf Kleidungsstücke aus Polyester oder Nylon zu verzichten. Denn solche Stoffe fangen sehr schnell Feuer. Gerade bei einem Flugzeugabsturz ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Feuer ausbricht, aber recht hoch. Der Grund hierfür ist das Kerosin, das der Flieger als Treibstoff an Bord hat und das leicht entflammbar ist. Und einer Untersuchung zufolge kommt ein sehr hoher Prozentsatz der verunglückten Passagiere nicht durch den Flugzeugabsturz als solches ums Leben, sondern erliegt schweren Brandverletzungen.
Die Sicherheitseinweisung ernst nehmen
Auch wenn der Fluggast schon oft geflogen ist und die Sicherheitsunterweisung häufig gesehen hat, sollte er sie aufmerksam verfolgen. Denn zum einen kann es durchaus größere Unterschiede zwischen den einzelnen Flugzeugtypen geben. Und zum anderen dient es seiner eigenen Sicherheit, wenn der Fluggast sein Wissen noch einmal auffrischt. Sollte der Notfall eintreten, ist es dann zu spät, um die Notfallkarte zu suchen und sich anzuschauen. Zur richtigen Grundeinstellung gehört außerdem, während des Fluges angeschnallt zu bleiben und seinen Platz nur dann zu verlassen, wenn es wirklich notwendig ist. Bei einer Autofahrt käme der Passagier schließlich auch nicht auf die Idee, sich abzuschnallen, sobald er auf die Autobahn aufgefahren ist und sich in den Verkehr eingefädelt hat.
Und: Sein Handgepäck sollte der Fluggast unter seinem Vordersitz verstauen. Sollte es zu einem Aufprall kommen, kann das Gepäckstück den Schlag etwas dämpfen und so die Beine schützen. Außerdem besteht nicht die Gefahr, dass das Handgepäck aus den Gepäckfächern katapultiert wird und durch die Kabine fliegt.
Bei einem Druckabfall immer erst die eigene Maske aufsetzen
Kommt es zu einem Druckabfall in der Kabine, fallen Sauerstoffmasken herunter. In einer solchen Notsituation ist es überlebenswichtig, dass sich der Fluggast zuerst seine Sauerstoffmaske aufsetzt. Denn statistisch gesehen, bleiben gerade einmal zwölf Sekunden Zeit, bis der Sauerstoffmangel zu einer Ohnmacht führt. Wenn der Fluggast erst seinem Partner, seinem Kind oder seinem Sitznachbarn beim Aufsetzen der Maske hilft, schafft er es deshalb möglicherweise nicht mehr rechtzeitig, sich seine Maske aufzusetzen. Und wenn der Fluggast ohnmächtig ist, kann er seinem Partner oder Kind überhaupt nicht mehr helfen.
Bei einem Aufprall unbedingt die richtige Körperhaltung einnehmen
Steht ein Aufprall unmittelbar bevor, ist es sehr wichtig, dass der Fluggast die richtige Körperhaltung einnimmt. Diese Körperhaltung nennt sich Brace Position und geht so: Der Fluggast streckt seine Füße nach hinten, drückt seine Beine fest zusammen und legt seinen Kopf so tief wie möglich in den Schoß. Reicht der Platz nicht aus, um den Kopf auf den Schoß zu legen, sollte der Fluggast seinen Kopf gegen den Vordersitz lehnen. Seine Hände legt er schützend auf den Hinterkopf, und zwar übereinander, die stärkere Hand nach unten und die schwächere Hand darüber. Ist der Fluggast Rechtshänder, legt er also seine linke Hand auf seine rechte Hand. Dadurch ist die stärkere Hand besser geschützt und bleibt funktionsfähig. Wichtig ist aber, die Hände wirklich nur aufeinanderzulegen und die Finger nicht miteinander zu verkreuzen. Denn falls ein herumfliegender Gegenstand die Hände treffen sollte, tragen beide Hände Verletzungen davon, wenn sie ineinandergreifen. Die Ellebogen legt der Fluggast auf den Sitzlehnen ab, nicht auf seinen Oberschenkeln. Wichtig ist auch, die Füße nach hinten zu strecken und die Beine anzuwinkeln. Sind die Beine nach vorne ausgestreckt, könnten sie durch den Aufprall unter den Vordersitz gepresst und dort eingequetscht werden.
Nach dem Absturz ruhig und besonnen, aber schnell reagieren
Nach einem Absturz sind die ersten 90 Sekunden entscheidend. Überlebenswichtig ist deshalb, dass der Fluggast ruhig bleibt und besonnen agiert, aber trotzdem zügig reagiert. Er sollte sich umgehend abschnallen und sich zum nächsten Notausgang begeben. Das aber gesittet und den Anweisungen der Flugbegleiter folgend! Der Fluggast sollte nicht auf seinem Platz sitzen bleiben und warten, bis Hilfe kommt. Denn in einer Notsituation leiten die Flugbegleiter sofort Maßnahmen ein, um das Flugzeug schnellstmöglich zu evakuieren. Sie haben dann keine Zeit, nach jedem einzelnen Fluggast zu schauen und ihn zum Ausgang zu führen. Es macht aber auch keinen Sinn, wenn der Fluggast panisch durch den Flieger rennt und womöglich andere Passagiere wegdrückt. Denn wenn jeder Fluggast so reagiert, kommt niemand aus dem Flugzeug. Dass die persönlichen Gegenstände im Flugzeug zurückbleiben müssen, dürfte selbstverständlich sein. In der Notsituation ist außerdem Folgendes wichtig:
- Sollte sich Rauch entwickeln, sollte sich der Fluggast ducken. Denn weil Rauch, Gase und giftige Dämpfe leichter sind als Luft, steigen sie nach oben. Je weiter unten der Fluggast ist, desto weniger Rauch atmet er ein. Wenn er die Möglichkeit hat, sollte er sich außerdem ein Tuch, ein Kleidungsstück oder den Arm vor den Mund halten. Auch so schützt er seine Atemwege. Die roten Lichter auf dem Boden zeigen ihm den Weg zum Notausgang.
- Befindet sich das Flugzeug auf dem Wasser, sollte der Fluggast seine Schwimmweste anlegen. Sie befindet sich unter seinem Sitz. Wichtig ist aber, dass er die Schwimmweste erst aufbläst, wenn er sich außerhalb des Fliegers befindet. Sollte sich die Kabine mit Wasser füllen, wird der Fluggast andernfalls an die Flugzeugdecke getrieben und hat keine Chance, sich zu befreien.
- Hat der Fluggast den Flieger verlassen, sollte er sich in Sicherheit bringen. Da das Flugzeugwrack Feuer fangen oder gar explodieren könnte, ist es keine gute Idee, in der Nähe stehen zu bleiben. Ein Sicherheitsabstand kann das Leben retten.
Und noch mal: Das Wichtigste ist, dass der Fluggast Ruhe bewahrt!
Ein Wort zum Sitzplatz
Wo im Flieger der Fluggast sitzt, hat mit Blick auf seine Überlebenschancen bei einem Absturz keine wirkliche Bedeutung. Denn kein Absturz gleicht dem anderen. So etwas wie der sicherste Platz lässt sich deshalb nicht ausmachen. Es gibt zwar einige Untersuchungen, doch selbst sie kommen zu gegenteiligen Ergebnissen. So hat eine Analyse von Flugzeugabstürzen mit Toten und Verletzten ergeben, dass die Überlebenschancen im hinteren Teil des Flugzeugs höher waren. Eine andere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Chancen, einen Flugzeugabsturz zu überleben, im vorderen Teil des Fliegers besser stehen. Wieder andere Untersuchungen messen der Nähe zum Notausgang eine größere Bedeutung bei. Demnach sind die Überlebenschancen in den fünf Reihen vor und hinter einem Notausgang besonders hoch, weil die Passagiere hier den Flieger recht schnell verlassen können. Auch ein Platz am Gang könnte einem Fensterplatz gegenüber leicht im Vorteil sein. Letztlich basieren alle diese Erkenntnisse aber nur auf Auswertungen. Prognosen lassen sich daraus nicht ableiten. Und: Die Wahrscheinlichkeit, überhaupt in die Situation eines Flugzeugabsturzes zu kommen, ist verschwindend gering!