Aktualisiert am 1. Februar 2023 von Selda Bekar
Wäre es nicht schön, einfach in ein Flugzeug einzusteigen und den Flug völlig relaxt erleben zu können? Ohne Schweißausbrüche. Ohne Herzrasen. Ohne Übelkeit. Und vor allem ohne Angst. – Klar, für jemanden, der an Flugangst leidet, ist das nur schwer vorstellbar. Aber es ist möglich, die Flugangst zu überwinden. Beispielsweise mithilfe vom NLP.
Flugangst hat viele Gesichter. Doch egal wie stark sie ausgeprägt ist, stellt Flugangst eine Belastung für den Betroffenen dar. Natürlich könnte der Betroffene für sich entscheiden, sich dieser belastenden Situation nicht mehr auszusetzen und künftig einfach auf Flugreisen zu verzichten. Doch damit würde er sich selbst sehr einschränken. Und wenn die Flugangst unbehandelt bleibt, ist die Gefahr groß, dass sie sich festsetzt. Dadurch wird es nicht nur immer schwerer, sie zu überwinden.
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Flugangst Test
Schlimmstenfalls könnten sich die Ängste auch auf andere Situationen und Bereiche übertragen. Ein Patentrezept, wie der Betroffene seine Flugangst dauerhaft in den Griff kriegt, gibt es nicht. Vielmehr muss jeder für sich selbst herausfinden, was ihm am besten hilft. Dabei stehen viele verschiedene Mittel und Methoden zur Auswahl. Und eine dieser Möglichkeit ist NLP. Was sich dahinter verbirgt und wie es funktioniert, erfahren Sie hier!
NLP ist zielorientiert
Das Kürzel NLP steht für Neuro-Linguistisches Programmieren und bezeichnet verschiedene Kommunikationstechniken und Methoden, die darauf abzielen, psychische Abläufe im Menschen zu verändern. Dabei beschäftigt sich NLP mit den Strukturen subjektiver Erfahrungen. Und damit, wie diese subjektiven Erfahrungen verändert und neu interpretiert werden können. Im Unterschied zu den Ansätzen der klassischen psychologischen Disziplinen zielt das NLP aber nicht darauf ab, traumatische Erfahrungen inhaltlich aufzuschlüsseln. Stattdessen steht die Prozessstruktur im Vordergrund:
1. Wie macht es der Betroffene, Angst zu empfinden?
und
2. Was soll er stattdessen fühlen?
sind die beiden zentralen Fragestellungen beim NLP. Was der Betroffene bislang erlebt hat, wie seine Kindheit verlaufen ist oder warum es zur Flugangst kam, spielt eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist vielmehr, herauszufinden, welche Ressourcen der Betroffene benötigt, um seine jetzige Strategie zu verändern. Das NLP ist also nicht problemorientiert, sondern zielgerichtet.
Aber der Reihe nach:
Das NLP basiert auf der Annahme, dass bei jeder Erfahrung, die ein Mensch macht, alle fünf Sinne beteiligt sind. Der Mensch erlebt also, indem er sieht, hört, fühlt, riecht und schmeckt. Diese Wahrnehmung der Wirklichkeit wird im Nervensystem und damit hauptsächlich in kognitiven Mustern dargestellt. Das heißt: Der Mensch weiß letztlich gar nicht, was die Wirklichkeit ist. Stattdessen orientiert er sich an Erfahrungen und subjektiven Mustern. Er macht eine Erfahrung und ordnet seiner Wahrnehmung einen Sinn zu, indem er sich sagt, dass dies die Realität ist. Beißt er beispielsweise in einen Apfel, wertet er den Geschmack in seinem Mund als den Geschmack eines Apfels. Berührt er Eis, fühlt sich das kalt und nass an. Denn ein Apfel schmeckt aus seiner Erfahrung heraus nun einmal so. Und Eis ist eben kalt. Auf diese Weise entwickelt sich im Laufe der Zeit ein subjektives Weltmodell, eine Art innere Landkarte.
Sein inneres Erleben kommuniziert der Mensch immer auch nach außen. Dies erfolgt teilweise bewusst und teilweise unbewusst. Neurolinguistisch meint in diesem Sinne, dass der Mensch die Sinneseindrücke, die er körperlich (= neurophysiologisch) erlebt und verarbeitet, auch durch Sprache (= linguistisch) zum Ausdruck bringt. Dabei finden die drei Abläufe – das innere Erleben, die körperliche Verarbeitung und der sprachliche Ausdruck – gleichzeitig statt und beeinflussen sich gegenseitig. Zudem sind sie größtenteils von individuellen Erfahrungen geprägt. Fasst jemand beispielsweise aus Versehen auf eine heiße Herdplatte, spürt er die Hitze, empfindet sie aus seinem Wissen heraus als unangenehm und sagt instinktiv “Aua!”. Doch auch wenn die drei Abläufe oft unbewusst ineinandergreifen, spricht der Mensch nicht alles aus, was ihm durch den Kopf geht. Trotzdem ist an seiner Körpersprache häufig zu erkennen, was er empfindet. Auch wenn der Mensch das vielleicht nicht möchte oder es ihm gar nicht bewusst ist.
Der Begriff des NLP
Durch die Bezeichnung Neuro-Linguistisches Programmieren soll zum Ausdruck kommen, dass Abläufe im Gehirn (= Neuro) mithilfe von Sprache (= linguistisch) in Form von systemischen Handlungsanweisungen verändert werden können (= Programmieren). Allerdings hat dieses Programmieren nichts mit einer Manipulation zu tun. Der Begriff des Programmierens bezieht sich auf die erlernten Verhaltsmuster, die im NLP auch als innere Programme bezeichnet werden. Und das Programmieren soll dem Betroffenen nun dabei helfen, sich von den inneren Programmen, die meist unbewusst ablaufen, zu lösen.
Entwickelt wurde das NLP in den 1970er-Jahren von Richard Bandler und John Grinder. Nach ihrer Definition geht es beim NLP um “das Studium über die Struktur subjektiver Erfahrung”. Und ihr Ziel bestand darin, herauszufinden, welche Wirkfaktoren erfolgreiche Therapien ausmachen, um eben dieses Wissen weitergeben zu können. Dabei vermuteten sie, dass diese Wirkfaktoren in erster Linie die kommunikativen Fähigkeiten und die Verhaltensweisen eines Therapeuten sind. Die Fachrichtung hingegen sei nicht das entscheidende Kriterium.
Flugangst ist real.
Angst ist ein völlig normaler, ganz natürlicher Prozess, der als körperliche Reaktion in einer Gefahrensituation einsetzt. Dabei passiert im Körper folgendes: Der Blutdruck steigt an, der Herzschlag wird schneller, die Muskulatur spannt sich an, Stresshormone werden ausgeschüttet und das Denken ist beschleunigt. Der Körper wird also in Alarmbereitschaft versetzt und darauf vorbereitet, dass er jetzt gleich kämpfen oder fliehen muss. Doch wie kommt es, dass manche Menschen unter Flugangst leiden und andere nicht? Der Teil des Nervensystems, der die Gefahr meldet, ist im Stammhirn wirksam. Und das Stammhirn reagiert mit einem ganz einfachen Muster aus Reiz und Reaktion auf die individuell und subjektiv wahrgenommenen Eindrücke. Es unterscheidet dabei aber nicht, ob die Sinneseindrücke tatsächlich bestehen oder nur in der Vorstellung vorhanden sind. Für das Stammhirn ist das Objekt der Angst – der Flug mit einem Flugzeug – real und in der Folge wird eine Gefahr gemeldet. Der Verstand kann dabei nicht viel ausrichten, denn die Vernunft und das Bewusststein wirken im Stammhirn nicht.
Flugangst lässt sich nur in Grenzen unterdrücken.
Wenn sich die Flugangst körperlich bemerkbar macht, versucht der Betroffene oft, die Anzeichen so lange wie möglich zu ignorieren. Gleichzeitig bemüht er sich, die Symptome vor anderen zu verbergen. Schließlich soll niemand bemerken, dass er unter Flugangst leidet. Die Folge davon ist, dass er zunehmend verkrampft und seine Gedanken bald nur noch um die Angst vor dem Flug kreisen. So steigert er sich immer weiter in die Angstsituation hinein. Genau aus diesem Grund gilt Ablenkung als probates Mittel. Denn wenn sich der Betroffene mit etwas anderem beschäftigt, lenkt er seine Aufmerksamkeit darauf. Die Angst steht dadurch nicht mehr im Vordergrund und lässt allmählich nach, während sich der Körper wieder entspannen kann. Allerdings funktioniert der Plan nur bedingt. Im Inneren laufen die Bilder nämlich weiter ab. Auch wenn sich der Betroffene nach außen hin nichts anmerken lässt, ist seine Flugangst ja nicht plötzlich weg. Er unterdrückt sie lediglich und wirkt ihr entgegen, indem er sich ablenkt. Wenn ein bestimmter Punkt überschritten ist, klappt die Unterdrückung aber nicht mehr. Die Folge ist eine Angstattacke, die der Betroffene nicht mehr kontrollieren kann. Und bei der nächsten Gelegenheit beginnt das Ganze von vorne.
NLP greift an einem frühen Punkt an.
Die Hilfe bei der Behandlung von Flugangst muss deshalb schon an einem viel früheren Punkt ansetzen. Nämlich dort, wo die inneren Bilder beginnen. Sie sind es, die die Angst auslösen. Und wenn die inneren Bilder dort verändert werden, wo sie entstehen, können sie kein Auslöser für Flugangst mehr sein. Zumal der Betroffene nicht auf eine reale Bedrohung reagiert, sondern auf eine Situation, die er subjektiv als Gefahr wahrnimmt.
Die Behandlung von Flugangst mittels NLP läuft beispielsweise so ab:
Der Betroffene stellt sich eine Situation vor, die ihm gut tut, die ihm Spaß macht, in der er sich sicher fühlt, die ihm Mut verleiht und ihm Kraft gibt. Dies kann Sport, ein Spaziergang, die Arbeit oder auch ein gemütliches Kuscheln auf dem Sofa sein. In einer solchen Situation kann der Betroffene in aller Regel die körperlichen und mentalen Ressourcen abrufen, die er bräuchte, um seine Flugangst in den Griff zu kriegen.
Im Schutz dieser Wohlfühlsituation können dann Schritt für Schritt die Prozesse untersucht werden, die ablaufen, wenn der Betroffene Flugangst empfindet und sich immer weiter in die Angstsituation hineinsteigert. Dabei beobachtet der NLP-Therapeut den Betroffenen genau und greift sofort unterstützend ein, wenn sich kleinste Anzeichen von Angst bemerkbar machen. Er achtet darauf, dass sich der Betroffene sicher fühlt, ruhig weiteratmet und nicht verkrampft. So lernt der Betroffene, sich der Situation, die ihm Angst macht, immer weiter anzunähern, ohne dabei Angst zu empfinden. Gleichzeitig unterstützt der Therapeut den Betroffenen dabei, die inneren Programme durch eigene, vorhandene Ressourcen abzuändern.
Übrigens: Sicherheit, Kraft und Mut sind deutlich bessere Instrumente, um der Angst zu begegnen, als Entspannung. Denn Entspannung wird oft mit Relaxen und Nichtstun gleichgesetzt. Gerade diese Passivität macht es der Angst aber leicht, die Oberhand zu gewinnen. Deshalb ist Entspannung zwar das Ziel der Therapie. Der Weg dorthin muss aber über Aktivität führen.
Das Ziel vom NLP bei Flugangst
Das Ziel besteht darin, dass der Betroffene in Gedanken durchspielen kann, wie er ins Flugzeug einsteigt, gelassen den Start und mögliche Turbulenzen erlebt und nach der Landung ruhig wieder aussteigt. Wenn das gelungen ist, muss der Betroffene nicht mehr versuchen, seine Flugangst ständig auszublenden. Stattdessen kann er sich jederzeit vorstellen, wie er im Flugzeug sitzt und dabei entspannt bleibt. Das Nervensystem gewöhnt sich mit der Zeit an diese Vorstellung – und meldet folglich keine Gefahrensituation mehr.
NLP – wirksam oder Humbug?
Wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit vom NLP gibt es bisher nicht. Und Befürworter klassischer Psychotherapien stehen dem NLP mitunter sehr skeptisch gegenüber. Teilweise wird das NLP sogar als Esoterik abgetan. Andersherum gibt es viele Therapeuten und auch Betroffene, die von dem positiven Effekt dieses Verfahrens überzeugt sind. Und eine Erfolgsgarantie gibt es letztlich bei keiner Methode. Allein schon deshalb spricht nichts dagegen, NLP als Mittel gegen die Flugangst in Erwägung zu ziehen.